[Adventszeit] Türchen 16, Zeit für ein wenig Märchenstunde mit Jessica Bradley.

Dezember 16, 2021 0 Von jenlovetoread

Ich hab lange überlegt was ich machen soll.
Ich hab das angefangen und dies angefangen und hab mich letztlich doch für Märchen entschieden.

Mein Märchenbuch habe ich damals ca. 2002 mit meinen aufkommenden Lesekenntnissen erhalten. Gelesen habe ich es mehr als nur einmal. Dementsprechend ist der Einband mittlerweile kaputt, aber es ist nicht weniger schön, es mal wieder in der Hand zu halten. Damals wie heute sind mir Märchen nicht so wichtig, aber aus irgendeinen Grund verbinde ich Märchen mit Weihnachten, Winter und den Dezember. “Das Mädchen mit den Schwefelhölzern”, war eine Geschichte, die mir all die Jahren wohl mit am prägnantesten in Erinnerung geblieben ist. Das bekannte Märchen von Hans Christian Anderson aus dem Jahre 1845 ist nicht nur nostalgisch, tragisch sondern kritisch in gleichermaßen.

Deswegen möchte ich Euch etwas zeigen. Etwas, das mich überrascht hat. Die Novelle “Nachtfrost” von Jessica Bradley ist eine moderne, aufgemachte Variante von dem uns bekannten Märchen. Sie hat mir sehr gut gefallen. Nicht nur, weil es mich ein wenig in die Vergangenheit zurückgebracht hat, sondern weil es in meinem Weltbild ein neuen Blickwinkel geschaffen hat. Daher hab ich Jessica gebeten, mit mir zu telefonieren.


Kommentar von Jessica Bradley:

Ich habe mich mit Jessi hingesetzt und ein wenig gequatscht. Während ich hier für Euch tippe, habe ich sie auf meinen Kopfhörern. Wir sprechen über “Das Mädchen mit den Schwefelhölzern”. Darüber, wie wir als Kind diese wahrgenommen haben. Während ich Jahre gebraucht habe, um die ganze Tragweite zu begreifen, war es Jessica schon früh ein sehr nahes Ding. Das machte mich neugierig, weshalb ich mehr wissen wollte. Mehr zum Hintergrund zu “Nachtfrost”.

“Warum hast du dich letztlich dazu entschieden Nachtfrost zu schreiben?”, frage ich Jessica. Das Schmunzeln hört man ihr an und doch überwältigt mich die unglaubliche Offenheit ihrerseits.

>>Es ist zum Teil eine Hommage, eine Aufarbeitung meiner eignen Kindheit und der Tatsache, dass es mir viel geholfen hat. Es hat mich begleitet und mich nicht losgelassen. Es war mir wichtig, es zu schreiben. Ich habe damals auch zum Sensitivity Reading, zwei Obdachlose, hinzugezogen und draufschauen lassen. Das Werk ist mir wichtig und es fließt viel von mir ein. Meine Werke gehören zu mir, wie ich zu ihnen. Nachtfrost wird auch zum nächsten Jahr eine weitere Auflage bekommen, verfeinert, erweitert, neu lektoriert. Ich freu michdrauf.<<

“Wieso Märchen – was fasziniert dich da dran?”, füge ich hinzu.

>>Ich liebe Märchen! Als du mich gefragt hast, musste ich nachschauen, wann meine älteste Ausgabe her ist, aber ich hab so viele Märchenbücher, dass das hier wohl den Rahmen sprengen würde. Ich habe auch ein Bezug psychischer Natur hier, weil sie so viel von den Tiefen der Menschen beinhalten. Gerade von Anderson habe ich 10 verschiedenen Bücher, zusätzlich finden sich hier Märchen auch aus den verschiedensten Kulturen. Von HCA bis Rübezahl ist die Auswahl groß. Sie beeinflussen mich und werden auch später in meine Kinderbuchreihe mit einfließen. Ich hab zu viele Bücher (hier lacht sie auf, ich lache mit – niemand von uns hat zu viele Bücher). Ich kenne teilweise auch originale Märchen, bevor sie vereinfacht wurden. Gerade bei bei den Gebrüder Grimm waren sie viel krasser. Und trotz allem hat es mich weiterhin fasziniert und geprägt. Vielleicht weil ich sie auch in einen anderen Blick sehe<<

“Ach ja?”, hake ich nach.

>>Ja! Ich vergleiche viel mit den Menschen in meiner Umgebung, mit der Gesellschaft und letztlich mit der tiefen Bedeutung, die hinter den Geschichten zu finden sind. Die Tatsache das man es immer wieder auf die Welt beziehen kann. Nehmen wir Rotkäppchen und der Wolf. Der Wolf kann gleich gestellt werden mit der Tatsache, vom Rechten weg abzukommen. Genau das kannst du auf viele Lebenslagen runterbrechen. Alkohol, Drogen, etc. Vor allem Andersson bringt da eine große, weitere Ebene mit rein. Es geht nicht immer alles gut aus. Das macht eine zusätzlich, wichtige Symbolik.<<

“Das war jetzt alles sehr tiefgehend. Aber Jessica, was ist nun das entscheidende positive für dich an Märchen?”

>>Sie haben mir beim Überleben geholfen. Sie haben mir tatsächlich, wortwörtlich, beim Überleben geholfen.<<


An diese Stelle möchte ich Jessica danken, dass sie sich für mich ein paar Minuten zeit genommen hat um mir ihre Gedanken dazu zu teilen! Es war mir eine Freude.
Hier möchte ich auch nicht viel mehr schreiben. Lasst alles auf Euch wirken.
Lasst Jessicas Worte auf Euch wirken.
Genießt den Winter.
Genießt Weihnachten.
Lest ein Märchen.

Ganz, ganz, ganz viel Liebe an Euch.
Weiter gehts hier mit dem Adventskalender!