#52Wochen52Menschen: KW25 – Nora Bendzko – Tag 1
Wer bist du?
Hallo, ich freue mich, hier zu sein. Gestatten, Nora Bendzko: Autorin von Dark Fantasy, Lektorin, Rocksängerin, Studentin der dunklen Künste. Ich wurde 1994 in eine teils deutsche, teils marokkanische Familie geboren und bin in der Nähe von München aufgewachsen. Inzwischen lebe ich im schönen Wien, wo ich gelegentlich mit meiner Band Nightmarcher die Bühnen unsicher mache.
Meine ersten Bücher, die Galgenmärchen, wurden im Selfpublishing veröffentlicht. Im Juni 2021 erschien mein Verlagsdebüt, „Die Götter müssen sterben“: eine blutig radikale Bearbeitung von Amazonenstoffen. Man merkt wohl bei diesen Stichpunkten, dass Märchen und Mythologien es mir schon immer angetan hatten. Phantastische Welten sind ein großer Bestandteil meines Lebens, ganz gleich, ob Literatur, Filmserien oder Musik. Gib mir dazu eine Tasse schwarzen Tee und ein paar Snacks, und ich bin glücklich.
Weil die Feder mächtiger ist als das Schwert, dachte ich, ab hier lasse ich ein Gedicht für mich sprechen. Es hat das Dunkelpoetische, das man in fast allen Texten von mir finden kann.
Mein Sakrament
Die Menschen sähen viel der Sünden
Das Feld ist der Geschichten voll
Mir ist bestimmt, sie zu ergründen
Die Ernte füllt mein leeres Blatt
Ich bin, die durch die Welten klingt
Des Wortes tumbe Streuerin
Die aus der andern Augen trinkt
Den lebenden Oasen
Mit euren Blicken lasst mich schauen
Und daraus eine Kirche bauen
Soldat! Wo bist du hergekommen?
Dein Aug’ ist wund, die Schritte rot
Die Stille um dich gar beklommen
Was sahst du in der großen Schlacht?
Der Kämpfer scheidet nicht von Vieh
Und bleibt der Teufel unerkannt
Drum schelte ich dich Kriegssohn nie
Du gar verirrte Waise
So lass mich deine Wunden schauen
Und daraus eine Glocke bauen
He, Mädchen! Mit den blauen Augen
So blau wie deine zarte Haut
Die der Vampire Lippen saugen
Was hat dein Körper nur erlebt?
Bei mir, da hast du’s gut bestellt
Hab’ keine Angst, Geschändete
Ich schimpf’ nicht auf des Fleisches Geld
Du flügelloser Engel
So lass mich deine Schönheit schauen
Und daraus einen Altar bauen
Oh, Fremder! Was kannst du berichten?
Der Weltenstaub klebt gar an dir
Du kannst von manchem Volke dichten
Von Furcht, Verstoßung, Hass und mehr
Erzähl mir von dem Berberland
Das für dich einst verloren ging
Ich reich’ dir Frieden mit der Hand
Du unbekannter Bruder
Auf tausend Welten lass mich schauen
Und uns daraus ein Credo bauen
Ein Haus, in dem Geschichten singen
Und aus dem Dunkel mehr erbringen
Das Leben hat euch so gemacht
Dass ihr nach Grund und Rettung sucht
Versteckt euch niemals in der Nacht
Ich bin, um euch zu hören
Nur in den Sünden kann ich finden
Was Menschen wähnen Paradies
Dort wo die Beichten sich verbinden
Beginnt des Schreibers Existenz
So wisst
Der Gott in meinem First
Ist das Wort im Nichts –
[…] Nora Bendzko […]