#52Wochen52Menschen: KW46 – Henrike Renken – Buchstabensalat – Tag 4
Bücher, Messen Zusammenarbeiten: Highlights und No-Go’s
Ich bin jetzt schon gespannt, welche Diskussionen sich aus dem heuten Thema vielleicht ergeben!
Für mich ist eines der größten theoretischen Highlights der Buchbubble, dass durch das eigene Bloggen eigentlich sehr viel Individualität und Originalität entstehen kann. Jeder Mensch denkt anders, mag andere Dinge, kann andere Dinge nicht ausstehen. Dadurch allein sollten schon spannende Diskussionen und unfassbar vielfältige Blogs entstehen. Leider habe ich den Eindruck, dass von dieser Originalität in den letzten Jahren immer weniger zu sehen war, und das ist dann das Gegenteil von einem Highlight. Ein Lowlight? Ein Tiefpunkt? Egal.
Ich tue mich manchmal echt schwer damit, einzelne Personen aus diesem Einheitsbrei herauszufiltern. Es wird aus verschiedensten Richtungen so Unterschiedliches von Bloggenden verlangt, dass eigentlich auch nichts anderes übrig bleibt, als sich der Masse anzuschließen und möglichst viele eigene Ecken und Kanten abzustoßen. Zumindest, wenn man erfolgreich sein will. Ich meine, Pampasgras, ständig wechselnde Blumensträuße und ein perfekter Hintergrund finden sich jetzt in wie vielen Instagram-Feeds? Und dann müssen die Bilder auch noch alle sehr ähnlich aussehen und denselben Filter haben, sonst ist es ja kein richtiger Feed mehr, sondern nur eine Ansammlung von beliebigen Fotos. Versteht mich nicht falsch, jeder Mensch hat andere (Ästhetik-) Ansprüche. Das hatte ich ja oben schon geschrieben. Aber dass von jetzt auf gleich alle plötzlich dasselbe optische Ziel verfolgen, dieselben Meinungen vertreten, dieselben Bücher lesen, das finde ich echt schade. Dadurch gehen all diejenigen unter, die sich nicht anpassen, sondern ihren eigenen Stil behalten wollen (myself included) und es wird eben ein totaler Einheitsbrei.
(Disclaimer: Dieser Absatz oben klingt im Kontext des aktuellen Zeigeschehens leider sehr pro Querdenken, was absolut nicht meine Position ist! Deshalb halte ich auch nicht viel von dem Begriff Quer- oder Andersdenkende. Die Radikalisierung, die sich inzwischen nicht einmal mehr hinter der Fassade versteckt, der Hass und die teilweise Gewaltbereitschaft, das macht diese Bewegung aus. Nicht die Tatsache, dass sie quer denken oder andere Meinungen vertreten als die Masse.)
Es gibt auch die ewige Diskussion um Rezensionsexemplare: ja, nein, wie viele, darf man sie selbst anfragen oder müssen Verlage sich bei den Bloggenden melden – es gibt so viele Dinge, die immer wieder auf den Tisch kommen. Dazu habe ich schon vor Jahren mal einen Beitrag geschrieben, und doch ist die Diskussion scheinbar immer noch nicht zu Ende diskutiert.
Dann das leidige Thema von Professionalität und Respekt. Während viele Menschen beides von Bloggenden erwarten, wird ihnen selten auch nur eines davon entgegen gebracht. Schaut euch nur die Massen-E-Mails an, die regelmäßig in unseren Postfächern landen. Daraus wird oft sehr deutlich, dass die Schreibenden sich nicht einmal die Mühe gemacht haben, die Namen herauszufinden oder zu prüfen ob das, was sie anbieten wollen, überhaupt zu ihren Ansprechpersonen passt. Dabei, finde ich, ist das das Mindeste, was ich als Bloggerin erwarten darf: Respekt.
Und ein Problem der Branche wird meiner Meinung nach immer schlimmer: viele Menschen, die Bücher schreiben (und leider auch deren Fans), ertragen keine Kritik (mehr). Ich glaube, dass das möglicherweise eine Folge von dem oben beschriebenen Einheitsbrei ist.
Erst vor wenigen Monaten habe ich ein Buch gelesen, bei dem ich mich mehrfach gefragt habe, wie das in dieser Form, mit dieser Sprache, durch das Lektorat kommen konnte. Wie mehrere Personen, also nicht nur die Autorin, sondern auch das gesamte an der Produktion beteiligte Verlagsteam, die verletzende Sprache nicht erkannt haben konnten oder, falls sie sie doch erkannt haben, wie sie entscheiden konnten, dass es so schon okay ist. Ohne Triggerwarnung natürlich. Dementsprechend ist auch meine Rezension ausgefallen. Und die erste Reaktion, die ich darauf erhalten habe, war von der Autorin des Buches, die mir mitteilte, ich sei die einzige, die etwas zu kritisieren hätte, und ich hätte das Buch nicht verstanden.
Ernsthaft? Das hält sie (an dieser Stelle stellvertretend für viele Autor*innen, bei denen ich dieses Verhalten in letzter Zeit beobachtet habe) für eine normale und richtige, eine professionelle und respektvolle Reaktion auf eine kritische Rezension? Ich habe vor dem Posten meiner Rezension und auch nach Erhalten dieses Kommentars mehrfach meinen eigenen Text gelesen und sichergestellt, dass ich wirklich sachlich geblieben bin und meine Kritikpunkte deutlich werden. Ich finde auf meiner Seite keinen Fehler.
Und ich hatte die Autorin nirgendwo verlinkt. Sie kam damit von sich aus auf mich zu. Seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört. Anstatt öffentlich einen Kommentar abzugeben, dass ich scheinbar einen Roman nicht von einem Sachbuch unterscheiden könnte (ernsthaft, das steht da!), hätte sie mir auch eine E-Mail schreiben und nach noch ausführlicheren Erklärungen für meine Kritik fragen können. Oder diese Frage eben als öffentlichen Kommentar stellen können. Sie hätte sich lernbereit zeigen können, offen für Kritik. Oder einfach gar nicht reagieren. Stattdessen wird mit dem Finger auf mich gezeigt, weil ich es gewagt habe, eine andere Meinung zu haben als die bisherigen Rezensent*innen, was dann sogar als Begründung für ihre Reaktion genutzt wird. Ziemlich traurig und irgendwie erbärmlich, oder?
Ich schreibe das nicht, um die Autorin schlecht darzustellen. Deshalb nenne ich ihren Namen auch nicht. Für mich ist das ein persönliches Beispiel für diverse Reaktionen dieser Art von Autor*innen, die sich leider häufen, das meine Position zu diesem Punkt hoffentlich verdeutlicht.
In dem Zusammenhang kommt auch tone policing immer häufiger auf den Tisch: wenn schon Kritik, dann bitte ganz sachte und mit viel verbaler Tätschelei, damit ja niemandes Gefühle verletzt werden. Diese Forderungen werden dann aber mit dem sprachlichen Holzhammer gestellt, um es mal vorsichtig auszudrücken. Leute, wenn ihr keine Kritik vertragen könnt, dann sucht euch einen Job, bei dem man euch oder eure Arbeit nicht kritisieren kann! Oder macht eure Arbeit einfach besser! Aber den Boten anzugehen bringt niemandem etwas. Solange Kritik nicht persönlich beleidigend wird, muss sie einfach akzeptiert werden.
Puh. Das mal runterzuschreiben tat gut. Jetzt habe ich aber noch ein paar positive Dinge, die ich mit der Bubble verbinde!
Man lernt andere Menschen kennen. Ich habe mit dem Bloggen angefangen, weil mir die Menschen fehlten, mit denen ich über mein liebstes Hobby reden konnte. Im Internet habe ich diese Menschen gefunden. Und wir lesen nicht alle dieselben Bücher, mögen nicht dieselben Filme, haben vielleicht sogar politisch oder gesellschaftlich ganz andere Einstellungen. Und trotzdem lernen wir voneinander, können uns austauschen, bereichern einander. Ich habe einige Leute kennengelernt, die ich wirklich sehr schätze. Ich freue mich darauf, euch alle irgendwann mal persönlich zu treffen. Vielleicht ergibt sich das ja auf irgendeiner Buchmesse, wenn das alles wieder möglich wird?
Eine weitere positive Sache: Ich entwickele mich immer weiter. Klar, ich blogge inzwischen seit über sieben Jahren, da gibt es einfach durch das Leben Veränderungen und Entwicklungen. Ich bin ja auch nur ein Mensch, der vom Leben geprägt wird. Ich meine aber explizit meine Weiterentwicklungen als Bloggerin. Ich habe meinen eigenen Stil gefunden, meine eigenen Ansprüche an mich und andere für mich definiert. Ich weiß, was mir gefällt und was ich nicht mag. Ich bin selbstbewusster geworden. Ich traue mich inzwischen, mein Gesicht zu zeigen und im Freundeskreis über mein Hobby zu sprechen. Bloggen ist mir nicht mehr zu persönlich, um anderen davon zu erzählen. Inzwischen ist es ein Teil von mir.
In der Bubble steckt so. viel. Inspiration! Wohin ich auch schaue, es gibt so viele Ideen und Projekte anderer Menschen, dass ich mich gar nicht sattsehen kann. Manche adaptiere ich und mache mein eigenes Ding daraus, aber vieles bewundere ich einfach aus der Ferne.
Ich liebe es, Teil dieser kreativen und kommunikativen Bubble zu sein. Ich kann sie manchmal nicht ausstehen, aber ich liebe sie sehr. Genau wie eine richtige Familie. Danke, dass ihr mich im Mai 2014 in euren Reihen aufgenommen und mir hier ein Zuhause gegeben habt! Ihr habt mir meine letzten Schuljahre und jedes weitere Jahr bis heute so viel schöner gemacht.