#52Wochen52Menschen: KW 33 – Michael Leuchtenberger – Tag 4
Du und deine Charaktere
Gestern habe ich noch gesagt, dass der Ort, an dem meine Geschichten spielen, oft schon sehr früh feststeht. Dabei finde ich die Figuren mindestens ebenso wichtig. Zumindest, wenn ich ein Romanprojekt in Angriff nehme, beschäftige ich mich schon vorher mit den Hauptfiguren. Die will ich ein bisschen kennenlernen, bevor ich mit ihnen auf die Reise gehe. Ich mache mir zu jeder eine Reihe von Notizen, zum Charakter, zur Biografie und zu äußerlichen Merkmalen. Und so, wie ich sie anlege, bringen sie dann auch schon Potenziale für Konflikte, Freundschaften und Allianzen aller Art untereinander mit. Das macht ja zum großen Teil den Reiz eines Romans aus. Oder die Figuren sind vielleicht sehr verschieden und werden durch äußere Umstände gezwungen, sich zu arrangieren. Auch sowas ist immer wieder spannend.
Bei Figuren in Kurzgeschichten mache ich mir vorher nicht so viele Gedanken. Das heißt nicht, dass sie nichtssagend und austauschbar sind. Aber ich muss sie nicht so gut mit all ihren Facetten kennenlernen, sie stehen ja nur kurz im Spotlight und verschwinden dann wieder. Die Romanfiguren möchte ich dagegen vielschichtig gestalten, ihnen auch Raum geben, sich zu entwickeln. Und ich hoffe, dass es mir gelingt, dass sie interessant, authentisch und keine beliebigen Romanheld*innen sind. In meinem Debüt bin ich da noch ein wenig zu sehr in die Klischeefalle geraten, wie ich im Nachhinein finde, zumindest was die wichtigste weibliche Figur betrifft. Ich habe versucht, das im zweiten Roman, der jetzt bald erscheint, ganz anders und besser zu machen.
Held*innentum ist mir in meinen Büchern generell zuwider. Ich konfrontiere meine Figuren ja in der Regel mit schrecklichen Dingen und ich mag es, wenn sie dabei ihre Ängste zeigen, wenn sie überfordert oder vielleicht gar feige reagieren, weil das einfach menschlich ist. Und vielleicht finden sie dann ja trotzdem einen Weg, die Situation zu überwinden!
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