#52Wochen52Menschen: KW52 – Matthias  Thurau – Tag 5

#52Wochen52Menschen: KW52 – Matthias Thurau – Tag 5

Februar 7, 2022 0 Von jenlovetoread

Du und die Buchbranche

An der Buchbranche schätze ich sehr, dass sie zum größten Teil aus Menschen besteht, die Literatur lieben. Das klingt erst einmal selbstverständlich, ist es aber nicht. Bücher sind für viele Herzensangelegenheit. Das ist bei Produkten anderer Branchen nicht unbedingt so. Hier ist viel Leidenschaft im Spiel.

Leider stimmt trotzdem einiges nicht mit der Buchbranche. Die größten Probleme sehe ich einerseits in der Übermacht einzelner Handelsplattformen und andererseits in der schlechten Bezahlung der Autor*innen. Es ist schon beinahe ein Klischee, zu betonen, dass ohne Autor*innen keine Literatur entstünde und entsprechend keine Buchbranche existierte. Dass von den verkauften Büchern am Ende die Autor*innen finanziell am wenigsten haben, die Handelsketten aber am meisten, finden daher Außenstehende (und auch viele nicht außen Stehende) unverständlich. Hier ist die Leidenschaft schädlich, denn die allermeisten Autor*innen werden nicht aus Protest aufhören zu schreiben und sich eine andere Beschäftigung suchen.

Leider weiß ich nicht, wie man die Probleme im großen Stil verbessern könnte. Im Kleinen können Leser*innen aber direkt bei Autor*innen oder Verlagen kaufen. Bei Kleinverlagen sollte man generell direkt bestellen. Das ist persönlicher, hilft Kleinunternehmer*innen und nicht selten bekommt man einen Stapel Postkarten oder ein kostenloses Buch obendrauf.

Es kommt ein bisschen darauf an, wen man am meisten unterstützen will. Es heißt ja auch, man solle immer im lokalen Buchhandel (nicht in Ketten oder bei Amazon) bestellen. Allerdings wird die Bestellung an Großhändler weitergegeben und Verlage und Autor*innen haben weniger, als würde man direkt bei ihnen kaufen.

Für Selfpublisher*innen gilt, dass sie kein Preisdumping mehr betreiben sollten, um ihre eigene Situation und die anderer Autor*innen zu verbessern. Warum sollte man denn ein Buch, in das man so viel Arbeit investiert hat, für weniger als einen Euro verhökern. Ich selbst vermute dann immer, dass die*der Autor*in nicht ans Werk glaubt, und wenn sie*er nicht ans Werk glaubt, warum sollte ich es dann tun? Generell würde ich sehr gern höhere Preise für Bücher sehen, auch wenn mir das als Leser wehtäte, weil ich ein sehr geringes Budget zur Verfügung habe. Es ist einfach nur traurig, dass Autor*innen unentwegt neue Bücher produzieren, Lesungen halten, Stipendien beantragen, werben und sonstwie hustlen müssen, nur um über die Runden zu kommen (wenn überhaupt). Stellt euch mal vor, Autor*innen könnten von guten Büchern gut leben! Sie müssten nicht ständig Neues produzieren und dem Geld hinterherrennen, sondern könnten sich darauf konzentrieren, gute Bücher zu schreiben.

Nach diesem kleinen Rant kehren wir zurück zu positiveren Dingen. Es gibt einige Kleinverlage, mit denen ich gern zusammenarbeiten würde. Das wären neben anderen SuKuLTuR und mikrotext. Auch in der Literaturzeitschrift BELLA triste würde ich gerne mal veröffentlichen. Solche kreativen, innovativen und wichtigen Formate sollte man unterstützen, und ich bin froh, dass es sie und die engagierten Menschen dahinter gibt. (Falls jemand von diesen dreien mitliest: Erwartet Post von mir!)

Über Verkaufszahlen spreche ich ungern, vielleicht um das Bild mancher Leute nicht zu zerstören, meine Bücher würden sich tatsächlich gut verkaufen. Stattdessen sage ich lieber etwas über Menschen. Meine Erfahrungen mit der Buchbranche sind geprägt von positiven Überraschungen, die allesamt mit Menschen zu tun haben. Anfangs war ich geradezu perplex (und ein wenig misstrauisch), als mir von allen Seiten Hilfe angeboten wurde, als man einfach freundlich zu mir war, als ich statt auf Konkurrenzkämpfe auf ein Miteinander unter Autor*innen stieß. Gerade in der Selfpublisher*innen-Bubble gibt es viele gute und hilfsbereite Menschen, ohne die ich viel weniger gelernt, verstanden und geschafft hätte. Mit einigen bin ich inzwischen gut befreundet. Auch mit Buchblogger*innen habe ich durchweg angenehme Erfahrungen gemacht.

Zwar wurden einige meiner Hoffnungen gedämpft im Laufe der Zeit, aber dennoch mache ich weiter. Ich würde gerne noch mit anderen Leuten zusammenarbeiten, wie weiter oben schon gesagt.  Mit kleinen Verlagen, Literaturzeitschriften und anderen Autor*innen für Anthologien. Ich bin immer auf der Suche nach interessanten Projekten und guter Zusammenarbeit. Das ist für mich der Kern der Buchbranche, auch wenn es etwas naiv klingen mag: Zusammenarbeit interessanter Menschen an interessanten Projekten.


Hier ist Matthias zu finden: